Warenkunde: Kartoffeln 

Ein Bericht über die Reise der Kartoffel in unsere Breitengrade wäre ein langer Schmöker und würde sich wohl wie ein spannender Roman lesen. Viele Geschichten und Anekdoten umranken die stärkereiche Knolle.

Die lange Geschichte der Kartoffel

Ihre Heimat liegt in den Anden Südamerikas. Überlieferungen zufolge kultivierte man dort Urformen der Kartoffel bereits vor mehreren Tausend Jahren. Erst um 1560 brachten die Spanier die Kartoffel von ihren Eroberungszügen mit nach Europa. Wohlgemerkt brachten sie Pflanze und Knolle, nicht aber den Erfahrungsschatz um Anbau und Verwendung mit. So führten erste Essversuche nicht selten zu Übelkeit, Erbrechen und anderen Vergiftungserscheinungen.

Solanin in der Kartoffel
Schuld an Vergiftungserscheinungen nach dem Verzehr von Kartoffeln ist der Inhaltsstoff Solanin – ein Alkaloid, welches bei vielen Vertretern der Nachtschattengewächse (die Pflanzenfamilie, zu der die Kartoffel gehört) gebildet wird, so auch in unreifen, grünen Tomaten. In der Kartoffel befindet sich Solanin vor allem unter der Schale, an grün gefärbten Stellen sowie eventuell vorhandenen Keimansätzen (auch Augen genannt). Durch Kochen oder Braten wird die giftige Substanz leider nicht zerstört. Deshalb empfiehlt es sich, die Kartoffel grundsätzlich geschält zu genießen und die Augen großzügig zu entfernen. Die Pflanze bildet Solanin im Übrigen, um sich vor Fressfeinden zu schützen.

Die Geschichte der Kartoffel in Deutschland
Der Siegeszug der Kartoffel in die europäischen beziehungsweise deutschen Vorratskeller geht über die botanischen Gärten. Hier wurde sie nämlich wohl wegen ihrer attraktiven Blüten angebaut. Für die Bauern hingegen galt die Pflanze als "Teufelskraut" – vermutlich aufgrund unangenehmer Solanin-Erfahrungen. So benötigte es einige Generationen und sogar politische Unterstützung, bis die Kartoffel auch in unseren Regionen im großen Stil angebaut wurde.

Friedrich der Große war es, der das Potenzial dieser Ackerfrucht erkannte und die Bauern regelrecht zum Anbau zwang. So erließ er 1756 eine Circular-Ordre, die den Kartoffelanbau vorschrieb. Danach dauerte es nicht lange und die Menschen wussten den Wert der Kartoffel zu schätzen. Schließlich ist sie recht anspruchslos im Anbau und liefert hohe Erträge. Und im Vergleich zum damals vorrangig angebauten Getreide hat sie außerdem den großen Vorteil, dass es keiner weiteren Nachbehandlung wie Dreschen, Mahlen und zeitaufwendigem Brotbacken bedarf.

Die Kartoffel als Grundnahrungsmittel

Besonders in Ländern mit kargen Böden wurde die Kartoffel schnell zur Hauptnahrungsquelle. Hier zeigte sich dann auch die Schattenseite dieser Entwicklung. Denn die Kartoffel ist anfällig für eine Vielzahl von Krankheiten, zum Beispiel die gefürchtete Kraut- und Knollenfäule (Phytophtora infestans). Und so kam es, dass Anfang des 19. Jahrhunderts mehrere Missernten in Folge auftraten – Millionen Menschen starben am Hungertod.Heute hat die Kartoffel hierzulande ihren Status als Grundnahrungsmittel eingebüßt und nimmt auf dem Speiseplan eher die Rolle einer Beilage ein. Seit Ende des Zweiten Weltkrieges sinkt der durchschnittliche Pro-Kopf-Verzehr in Deutschland kontinuierlich.

Anders in den sogenannten Entwicklungsländern. Dort, wo das Bevölkerungswachstum sehr stark ist, spielt die Kartoffel in der täglichen Ernährung eine außerordentlich große Rolle. So ist sie mittlerweile auch in Asien als wichtige Nahrungsquelle angekommen.

Vielfalt in der Zubereitung und Sortenwahl

Während man die Kartoffel in ihrer südamerikanischen Heimat häufig noch zu Chuño verarbeitet vorfindet, eine traditionelle Gefriertrocknung in den Höhenlagen der Anden, gibt es hierzulande wohl kaum ein Lebensmittel, welches so vielfältig zubereitet wird. Man genießt die beliebte Knolle als Petersilien- oder Pellkartoffel, findet sie in Suppen, Aufläufen, Salaten, Klößen und Knödeln oder verbäckt sie in Kuchen, Brot und Brötchen.

Das ist möglich, weil Kartoffel nicht gleich Kartoffel ist. Man spricht davon, dass es weltweit mehr als 5.000 Sorten gibt. Eine grobe Einteilung erfolgt anhand der Kocheigenschaften – es gibt festkochende, vorwiegend festkochende und mehlig kochende Kartoffeln. Und die einzelnen Sorten schmücken sich mit den schönsten Namen: Annabelle, Laura, Belana, Rote Emmalie (Kartoffel des Jahres 2018), aber auch Allianz oder Bamberger Hörnchen.

 

Kartoffeln im Bio-Anbau

Kartoffeln sind in der ökologischen Landwirtschaft sehr beliebt. Dabei wird selbstverständlich auf den Einsatz chemisch-synthetischer Pflanzenschutz- oder Düngemittel konsequent verzichtet. Stattdessen sorgen ausgewogene Fruchtfolgen oder Kompostwirtschaft für die Nährstoffversorgung von Bio-Kartoffeln. Um "Unkräuter" nicht übermäßig wachsen zu lassen, verwendet man statt der im konventionellen Anbau üblichen Herbizide ganz traditionell Hacke und Striegel.

Tipps zur Lagerung der Kartoffel

  • Kartoffeln möglichst kühl, trocken und dunkel lagern und nicht in der Folienverpackung aufbewahren.
  • Bei Lagerung im Kühlschrank (unter 4 °C) entwickeln Kartoffeln  einen unangenehm süßlichen Geschmack, da die enthaltene Stärke zu Zucker abgebaut wird.
  • Bei Temperaturen über 8 °C wiederum keimen die Kartoffeln rasch.
  • Abgedeckt mit Papier oder in Säcken gelagert, verlieren Kartoffeln weniger Feuchtigkeit – und werden nicht so schnell schrumpelig.
  • Grüne Stellen und Keimansätze großzügig wegschneiden. Wegen ihres Solanin-Gehaltes sind sie für den Verzehr nicht geeignet.