Der Morgenland Gründer und der Projektleiter Einkauf begutachten Ware aus dem Lager

MorgenLand – Bio-Kirschen

Vor mehr als 30 Jahren waren Bio-Sultaninen und -Feigen die ersten Projekte, die das Bio-Unternehmen MorgenLand in der Türkei initiiert hat. Hinzu kam das Bio-Kirschen-Projekt im anatolischen Dorf Destigin – das Ziel unserer Reise.

Kurz gefasst

  • Gegründet 1984 von Orhan Yilmaz
  • Unternehmenssitz Oyten in Niedersachsen
  • Mitarbeiter 85
  • Produktion MorgenLand-Projekte in Sri Lanka, Burkina Faso, Südafrika, Algerien, der Türkei und in der Inneren Mongolei u. a. für Ananas, ­Papaya, Kokosnuss, Paranuss und Gojibeeren. 
  • Auszeichnungen Best Enterprise Award 2014 und 2015 für das Projekt in Sri Lanka

Ernte in der Türkei

Dort, wo die Sonne aufgeht, beginnt nicht nur der Tag, sondern auch die Geschichte des Bio-Unternehmens MorgenLand. Vor mehr als 30 Jahren waren Bio-Sultaninen und -Feigen die ersten Projekte, die MorgenLand in der Türkei initiiert hat. Hinzu kam das Bio-Kirschen-Projekt im anatolischen Dorf Destigin – das Ziel unserer Reise.

Um fünf Uhr morgens geht es los. Noch schläft die sonst lebhafte Millionenmetropole Izmir unter einem dunklen, warmen Himmel. Die Luft steht still. Ziel der Reise ist die Heimat der MorgenLand-Bio-Kirsche, ein kleines anatolisches Dorf in der Nähe von Konya. Der Weg führt nach Osten Richtung Sonnenaufgang und die ersten Strahlen des Sonnenlichts offenbaren die weitläufigen Landschaften der Türkei. Vereinzelt sieht man ein, zwei Bauern auf Feldern, manchmal einen Hirten mit seiner Schafherde. Nicht nur das Klima ändert sich auf der Strecke vom mediterranen Izmir zu Destigin mit seinem Kontinentalklima. Mit jedem Kilometer vorwärts scheint die Zeit rückwärts zu laufen. Ein Pferd zieht eine Kutsche auf der Landstraße und wird von einem SUV überholt. Ein extremer Kontrast zur westlichen Urbanität in der Ägäismetropole.

Die Gegend um Konya ist von Bio-Landwirtschaft geprägt. Das ist für alle Landwirte optimal, denn Kontaminationen konventioneller Landwirte stellen somit keine Gefahr dar. Das Dorf Destigin liegt 1.600 Meter über dem Meeresspiegel und ist somit auch vor Schädlingen und Pilzen geschützt. Denn in den sehr kalten, schneereichen Wintern mit bis zu minus 30 Grad Celsius überleben Insekten hier kaum. Die prallen roten Früchte der Sauerkirschplantage leuchten schon von Weitem. Auf 550 Hektar wachsen Kirschen, das ergibt einen Ertrag von 1.700 Tonnen im Jahr. Kirschen werden hier schon seit Generationen genauso wie heute angebaut. Bio-Anbau gab es also eigentlich schon immer, zertifiziert ist er seit zwölf Jahren. Gepflückt wird gemeinschaftlich, in Nachbarschaftshilfe, und alle helfen mit. Erst pflücken sie die Früchte auf dem Feld des einen, dann die auf dem Feld des nächsten Bauern. Und zwar 60 bis 70 Kilo Kirschen pro Tag, so viel sammelt jeder im Laufe eines Arbeitstages von sechs Stunden. Begonnen wird wegen der hohen Mittagstemperaturen schon sehr früh.

Beim Pflücken muss man vorsichtig sein, sonst kann man die Fruchtknospen beschädigen und im Folgejahr würde dort keine Frucht mehr wachsen. Profi Ahmet Remzi Kizilcay zeigt mit einer routinierten Bewegung, wie es geht: Der Stiel wird umfasst, nach oben gerichtet und vorsichtig gepflückt. Kizilcay ist Bio-Agrarberater und berät Bauern in allen Fragen des Bio-Anbaus und der Zertifizierung. Der Baum ist nicht hoch, eine Leiter braucht man nicht. Das ändert sich, wenn er älter wird. Sein Höchstalter erreicht er mit 15 Jahren, dann gibt er auch keine Früchte mehr. Ist er zu alt, wird er gefällt, das Holz dient den Bauern in den kalten Wintern zum Heizen.

Im Oktober müssen sich die Bauern um den Baumnachwuchs kümmern. Grundlage ist ein stark verwurzelter Unterstamm. Er trägt kaum Früchte, deshalb veredelt man ihn in einem Prozess, den man "Pfropfen" nennt: Dabei wird der angespitzte Zweig eines Triebes mit Blattknospen in den ab- und eingeschnittenen Stamm einer Jungpflanze gesteckt. Die Stelle wird von außen fest verbunden, Zweig und Stamm wachsen hier zusammen. Nach etwa drei Jahren trägt der junge Kirschbaum zum ersten Mal Früchte. Der Fruchtertrag steigert sich im Laufe eines Baumlebens auf bis zu 200 Kilogramm im Jahr.

Das Beikraut zwischen den Bäumen wird traditionell mit der Sense gemäht und an die Tiere der benachbarten Bio-Rinderzucht verfüttert. Die Rinder bekommen ausschließlich natürliches Futter. Was die Tiere ausscheiden, wird wiederum als Dung verwendet. Die Pflanzung von Lupinen verbessert die Bodenqualität. Lupinen geben dem Boden Stickstoff und lockern ihn auf. Das Wasser für die Bewässerung der Kirschbäume stammt aus dem nahe gelegenen, künstlich angelegten Beysehir-See. Massives Berggestein umgibt das tiefblaue Gewässer, es besteht ausschließlich aus reinem Regen- und Schmelzwasser.

"Wir sind verantwortlich für die Früchte, die wir hier anbauen und weiterverarbeiten", sagt Kizilcay. "Am wichtigsten ist für uns, dass die Kunden, die die Kirschen kaufen, mit ihnen zufrieden sind und sie genießen. Wenn wir uns Jahr für Jahr verbessern können, macht uns das zufrieden." Was das Schönste an seiner Arbeit sei? "Es sind die Momente, wenn es am Telefon heißt: Die Kirschen haben hervorragende Qualität und Top-Laborwerte", antwortet er lachend.

Von Destigin werden die Kirschen in den frühen Morgenstunden nach Torbali gebracht, hier verarbeitet man sie zu getrockneten Kirschen. Für MorgenLand ist diese Produktionsstätte schon seit 1988 ein Ort von zentraler Bedeutung. Damals wurden hier Sultaninen und getrocknete Feigen hergestellt, die ersten Projekte von MorgenLand. Auf der Suche nach einem geeig­neten Standort fiel die Entscheidung auf Torbali. Aus dem 50 Kilometer von Izmir entfernten Ort werden die Fruchtschätze exportiert. Aber nicht nur logistisch überzeugt Torbali, auch klimatisch ist es ideal. Für die Trocknung sind hohe Temperaturen von 38 Grad Celsius aufwärts und geringer Niederschlag ent­scheidend.

Morgens um halb sechs kommt die Lieferung an, bis um halb sieben werden dann acht bis zwölf Tonnen Kirschen ausgeladen. Jede Lieferung wird zunächst ­einer strengen Qualitätsprüfung unterzogen. Hier arbeitet MorgenLand mit Laboren zusammen, die die Früchte auf ihre mikrobiologischen Werte und Pestizidbelastungen untersuchen. In der Zwischenzeit lagern die Früchte bei fünf Grad Celsius im Kühlraum. Erfüllen die Kirschen alle Qualitätskriterien, werden sie nach 24 Stunden weiterverarbeitet. In der Produktionshalle herrschen hohe Temperaturen und Luftfeuchtigkeit, doch die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen scheint das nicht zu be­eindrucken. Die Stimmung ist entspannt und freundlich, konzentriert und sorgfältig geht jeder seiner Arbeit an den verschiedenen Stationen nach. Gearbeitet wird in der Hochphase in zwei Schichten, von 8 bis 17 Uhr und von 18 bis 24 Uhr. Alle Mitarbeiter kennen jeden einzelnen Produktionsschritt und wechseln sich in den Arbeiten ab. Zu Beginn der Verarbeitung werden die Kirschen gewaschen, dann von den Stielen befreit, erneut gewaschen, kontrolliert und entkernt. Anschlie­ßend werden sie auf die große Freiluftlagerfläche gestellt. Den Rest der Arbeit übernimmt die Sonne. In fünf bis sechs Tagen verlieren die Kirschen sieben Achtel ihrer Flüssigkeit. Sind die Kirschen getrocknet, überprüfen die Mitarbeiterinnen erneut die Früchte und sortieren die Kirschen aus, die nicht den Ansprüchen genügen. Schließlich werden sie in Kisten zu je acht Kilogramm verpackt und nun geht die Reise der Kirschen nach Deutschland zum Hauptsitz Oyten bei Bremen, wo sie nach einer weiteren Qualitätskontrolle verpackt und etikettiert werden.

››› Gabriele Storm

Stand: 01.08.2017