Was passiert im Weinberg?

Endlich Frühling! Die Natur erwacht aus ihrer Winterruhe – zumindest auf der nördlichen Erdhalbkugel.

Von der Vorbereitung zur Ernte 

In Südafrika, Chile, Argentinien, Australien und Neuseeland wurde gerade geerntet. Doch bleiben wir hier: Der Rebschnitt als Vorbereitung für den neuen Austrieb ist getan, Knospen bilden sich. Wie die Reben geschnitten, gebogen, gebunden werden – wie der Mensch die Rebe kultiviert –, hängt von den geografischen Voraussetzungen ab. Je nach Standort, Klima und Bodenart werden die Reben niedrig gehalten oder höher gezogen, an Pfählen oder Drähten. Jede Weinregion hat ihr eigenes Reberziehungssystem. Und erzogen werden muss die Vitis vinifera, wenn der Mensch ihre Früchte, die Trauben, in ausreichender Menge und guter Qualität ernten will.

Die Weinrebe als anspruchvolles Gewächs

Die Rebe gehört zu den Lianengewächsen, also Kletterpflanzen, die möglichst viel Sonnenlicht abbekommen möchten und sich rücksichtslos jegliche Unterstützung suchen, um hoch hinaus zu wachsen. Bekommt sie, was sie braucht, tendiert sie zum Wuchern und muss in Schach gehalten werden. Wer zum ersten Mal Reben im Winter bis kurz vor dem Frühjahr zurückschneidet, kann kaum fassen, wie viel ineinander verschlungenes Holz man hier mit der zangenartigen Rebschere wegschneiden muss, um einer oder mehreren zarten Ruten die optimalen Bedingungen für den Austrieb und das weitere Wachstum zu ermöglichen.
 
Als Anfänger zögert man und traut sich nicht, der Pflanze so viel wegzunehmen. Es ist zudem harte körperliche Arbeit, die abgeschnittenen Zweige und teils dicken Äste aus dem Dickicht herauszuzerren. Im Frühjahr ist diese Arbeit aber getan und in die übrig gebliebenen Ruten steigt der Saft, die Blätter beginnen zu sprießen, und die Fotosynthese kann beginnen. Wann jeweils der Austrieb und später die Blüte beginnen, ist abhängig von der Rebsorte und dem Wetter. Ein zu früher Austrieb birgt in unseren Breitengraden die Gefahr, dass Spätfrost diesen Frühaufstehern zum Verhängnis wird. Ideal für die Reben wäre ein sonnenreicher Frühling mit ausreichend, aber nicht zu viel Regen. Nasse Füße mag die Rebe nämlich gar nicht. Deshalb sollte der Winzer auch immer dafür sorgen, dass kein Wasser in den Weinbergen stehen bleibt.

Arbeit im Weinberg

Der Bio-Winzer beginnt im Frühling zudem mit der Aussaat der Begrünung zwischen den Rebzeilen, die den Boden bereichert und die Biodiversität im Weinberg fördert. Ein gesunder Boden dient auch der Stärkung der Pflanze, da im kontrolliert ökologischen Weinbau keinerlei synthetische Pflanzenschutzmittel eingesetzt werden dürfen. Für einen Bio-Winzer bedeutet diese Einschränkung, dass er häufiger draußen im Weinberg sein muss, immer Reben und Wetter im Blick, um jederzeit unterstützend eingreifen zu können.
 
Zum Beispiel müssen im Sommer und Herbst regelmäßig Laubarbeiten per Hand vorgenommen werden, um für luftige, gut besonnte Rebanlagen zu sorgen. Das ist wichtig, damit die Blätter und später Trauben nach Niederschlägen schnell abtrocknen können und so Pilzsporen wenig Angriffsfläche bieten. Die Pilzkrankheiten Echter und Falscher Mehltau werden nämlich von Feuchtigkeit unterstützt. Zur Abwehr ist im Bio-Anbau nur der limitierte Einsatz von Kupfer und Schwefel erlaubt.
 

Die Reblaus als Winzer-Albraum

Zu einer Katastrophe für die Winzer im ausgehenden 19. Jahrhundert wurde eine kleine Blattlaus namens Reblaus, die fast alle Wurzeln und damit Rebstöcke zerstörte. Aus diesem Grund werden seitdem europäische Reben auf reblausresistente Unterlagsreben, die sogenannten amerikanischen Reben, gepfropft. Ansonsten gelten – zumindest im Bio-Weinbau – kleine Tierchen wie Regenwürmer, Florfliegen, Wanzen, Kreuzspinnen, Raubmilben sowie Vögel, Igel, Eidechsen und Feldhasen nicht als Schädlinge, sondern als Nützlinge. Sie sind keine Störenfriede, sondern gern gesehene Gäste, die helfen, ein stabiles Ökosystem aufzubauen und Reben-Schädlinge zu reduzieren.

››› Susanne Salzgeber