
Kaffa - Wahrer Kaffee statt Ware Kaffee
Interview mit Florian Hammerstein
Alnatura Magazin: Herr Hammerstein, Ihre Wildkaffee-Produkte sollen die Bergregenwälder der Region Kaffa im Südwesten Äthiopiens retten, sind als streng kontrollierte Wildsammlung "Bio"-zertifiziert sowie "Naturland Fair"-zertifiziert. Ein ehrgeiziges Projekt. Wie kamen Sie darauf?
Florian Hammerstein: Vor mehr als zwölf Jahren erzählte mir ein GEO-Redakteur vom rasanten Rückgang der Bergregenwälder im Südwesten Äthiopiens und ihrem reichen Bestand an der Wildpflanze Kaffee, deren Früchte nicht geerntet wurden. Die Menschen vor Ort hatten kaum Perspektiven und nutzten das Holz des Regenwaldes als Brennholz oder schlugen den Wald, um dort Ackerbau zu betreiben. In diesem Kontext kam mir die Idee, Ökologie und Ökonomie tragfähig miteinander zu verbinden.
Und wie ließ sich Ihre Idee letztendlich realisieren?
Ich suchte mir Mitstreiter, die halfen, das Projekt zu finanzieren, wie den Hamburger Kaufmann und engen Freund Hans Hermann Münchmeyer. Es ging uns nicht nur darum, mit einem innovativen Ansatz die 760.000 Quadratkilometer große Region Kaffa zu schützen und die Menschen vor Ort miteinzubeziehen – wir bieten immerhin rund 7.400 Bauern und ihren Familien einen sicheren Zusatzverdienst –, sondern wir stellen auch höchste Qualitätsansprüche an unseren Kaffee. Wild gesammelt, sonnengetrocknet und schonend geröstet, zählt unser Gourmetkaffee zu den besten der Welt.
Äthiopien, insbesondere die Region Kaffa, ist die Wiege des Kaffees, trotzdem liegt das Land nur auf Platz zehn der weltweit wichtigsten Kaffee-Exporteure. Aber Wildkaffee ist sehr rar und der Anteil des angebauten Kaffees liegt weit über 95 Prozent. Ist der gepflanzte Kaffee so viel lukrativer als Wildkaffee?
Klar, es ist natürlich sehr viel einfacher, ertragreicher und kostengünstiger, Kaffee auf Plantagen in Monokultur anzubauen. Sie können sich vorstellen, dass die Ernte der einzelnen reifen, roten Kaffeekirschen im Regenwald mühsamer ist. Die Buschpflanze ist weit verzweigt und die Kirschen reifen nicht alle zur gleichen Zeit. Der Ertrag der Wildpflanze ist viel geringer als bei gepflanzten Sorten und entspricht nur einem Bruchteil des Ertrages einer durchschnittlichen Kaffeepflanze auf einer konventionellen Plantage.
Sie bezahlen also die Einheimischen für das Sammeln und Trocknen der Kaffeekirschen?
Ja, es funktioniert folgendermaßen: Die Bauern erhalten erstmalig ein staatlich zugeteiltes Schutz- und Nutzungsgebiet mit einer Laufzeit von 50 bis 60 Jahren. In diesem Gebiet dürfen sie den Wildkaffee sammeln und sind gleichzeitig für den Erhalt dieses Waldstückes verantwortlich. Nach dem Sammeln folgt im nächsten Arbeitsschritt die Sonnentrocknung der Kirschen. Wir kaufen den Bauern dann den getrockneten Rohkaffee zu einem hohen Preis ab. Es muss sich für die 7.400 Bauern auch lohnen, den Regenwald zu schützen. Insgesamt profitieren fast 60.000 Menschen von dem Projekt. Das sind knapp zehn Prozent der dort ansässigen Bevölkerung.
Einfacher, schneller und üblicher als die natürliche Trocknung der Kaffeekirschen ist die Nassaufbereitung von Kaffee mit Washing Stations …
Ja, aber nicht gerade nachhaltig und ressourcenschonend. Über 100 Liter Wasser pro Kilogramm Kaffee werden bei dieser Methode verbraucht, nur um das Fruchtfleisch von der Bohne zu entfernen. Diese Nassaufbereitung geht natürlich innerhalb weniger Stunden vonstatten, während die Sonnentrocknung bis zu drei Wochen dauert. Durch die Nassaufbereitung wird zwar das Risiko von Qualitätsschwankungen minimiert. Der Kaffee schmeckt dadurch jedoch auch deutlich flacher. Hinzu kommt, dass neben dem immensen Wasserverbrauch auch Gärabfälle in den Boden sickern und das Grund- und Oberflächenwasser zusätzlich belastet wird.
Und welchen Part übernimmt der Naturschutzbund Deutschland (NABU) bei dem Projekt?
Das Engagement des NABU hat dafür gesorgt, dass der Bergregenwald der Region Kaffa zum ersten Kaffee-UNESCO-Biosphärenreservat der Welt erhoben wurde. Außerdem kooperieren wir eng mit GEO und mit der Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ), die uns unter anderem bei behördlichen Unwägbarkeiten unterstützt und die Bauern schult.
Zurück zum Geschmack des Kaffa-Kaffees. Er enthält ausschließlich die fruchtig-aromatische, nur in Höhen von über 1.500 Metern wachsende Arabica-Bohne. Was macht das Aroma des Kaffa-Kaffees so besonders?
Im Regenwald wachsen dort seit Zehntausenden von Jahren mehr als 6.000 Varietäten der Coffea Arabica, während auf den Plantagen weltweit nur 60 Sorten zum Einsatz kommen. Wir sorgen also neben dem Klimaschutz und einem festen Zusatzeinkommen der Bauern für den Erhalt der Artenvielfalt im Kaffee. Und diese wilde Sortenvielfalt, per Hand geerntet mit natürlicher Trocknung, gibt dem Kaffee auch sein gänzlich unverfälschtes, ursprüngliches Aroma.
››› Das Interview führte Susanne Salzgeber.