Naturkosmetikmarke Gebhardt

Martina Gebhardt – biologisch-dynamische Naturkosmetik

Alnatura ging ins Kloster. Statt dem Ruf Gottes folgten wir der Einladung von Martina Gebhardt, Gründerin der gleichnamigen biologisch-dynamischen Naturkosmetikmarke. Ein Blick hinter die Klostermauern von Wessobrunn.

"Happy Aging" für reife Haut

Mit der Sonne um die Wette strahlend empfängt uns Martina Gebhardt, Gründerin und Geschäftsführerin des gleichnamigen Naturkosmetikunternehmens, vor ihrem Firmensitz. Es ist ein Gebäude von atemberaubender Schönheit inmitten oberbayrischer Naturidylle, von imposanter Größe und mit einer bewegten und beeindruckenden Geschichte – das Kloster Wessobrunn. Die nahe gelegene Tassilo-Linde gilt als sagenumwobener Ort. Hier hat der Legende nach Herzog Tassilo III. nach einem Traum über eine kreuzartige Quelle und eine Petruserscheinung das Kloster Wessobrunn gegründet. Das soll im Jahr 753 gewesen sein; wenn allerdings Petrus nicht seine Hand im Spiel hatte, ist es unwahrscheinlich, dass eine Linde dieses Alter erreicht. Doch als hätte sich die Linde Motto und Namen der Martina-Gebhardt-Kosmetik für reife Haut "Happy Aging" zu eigen gemacht, scheint ihr das Alter gleichgültig zu sein. Sie hat die Jahre schlicht dazu genutzt, zu wachsen, sich zu entfalten und eine faszinierende Erscheinung zu werden. Der knorrige Baumstamm hat einen Umfang von 14 Metern, man kann in den Stamm hineingehen, den Blick nach oben richten und 25 Meter Linde bewundern.
Naturkosmetikmarke Gebhardt

Firmensitz im alten Kloster

"Als ich erfuhr, dass das benediktinische Kloster verkauft werden soll, war ich zunächst fassungslos. Schließlich ist es ein außergewöhnliches Kulturdenkmal, eines der ersten Klöster in Bayern und in ganz Europa berühmt für die Wessobrunner Schule und ihre Stuckateure", erinnert sich Gebhardt und ihre Begeisterung für historische Bauten ist dabei deutlich spürbar. Vielleicht ein weiterer Grund, weshalb die Missions-Benediktinerinnen von Tutzing ihrem Konzept für die weitere Nutzung des Klosters zugestimmt haben. Sie kannten Gebhardt, ihren Unternehmenssitz hatte sie im nahe gelegenen Rott-Pessenhausen. Gebhardt durfte das Kloster im Jahr 2014 kaufen.
Naturkosmetikmarke Gebhardt

Inspiration als Teenager

Doch wie kommt eine Architektin eigentlich darauf, ein Naturkosmetik-Unternehmen zu gründen? Der Auslöser geht in Gebhardts Kindheit zurück, als Dreijährige wurde sie von einem Hund in die linke Wange gebissen. Heute ist die Narbe nur noch als kleines Grübchen zu sehen. Für eine eventuell notwendige Schönheitsoperation damals wurde ein Sparbuch angelegt, doch da für Gebhardt eine Operation nicht infrage kam, begann sie als Teenager, die Narbe mit einer eigens angerührten Salbe mit Wollwachs aus der Apotheke zu behandeln. Die Narbe verschwand durch die Salbe nur sehr langsam. Aber Gebhardt beobachtete noch einen anderen Effekt: Auf der linken Wange hatte sich ihre Akne sehr gebessert. Ihre Neugier war geweckt, sie fragte den Apotheker nach den Inhaltsstoffen und ob man die Salbe noch in Konsistenz und Duft optimieren könne. Der Apotheker, erfreut über das Interesse, hatte Spaß daran, Gebhardt in die Geheimnisse des Salbenmischens einzuweihen. Und so begann die Schülerin, erst nur für sich und dann auch für ihre Freundinnen, selbst Salben herzustellen. Sie hörte auch als Studentin nicht damit auf, sondern finanzierte sich mit den Verkäufen ihrer Salben und Cremes ihr Architektur-Studium. Als sie es 1986 abschloss, meldete sie "Martina Gebhardt Naturkosmetik" als GmbH an, die ersten Mitarbeiter wurden eingestellt. Gleichzeitig leitete sie ein Architekturbüro, ihre Arbeiten wurden mehrfach ausgezeichnet. Gebhardt ist außerdem Mutter, kaufte eine Farm in Utah und hielt eine Rinderherde. Hier experimentierte sie mit spagyrischen Pflanzenessenzen und studierte zusammen mit einem Pflanzenkundigen die dort in der Bergwelt heimischen Heilkräuter. Die Farm verkaufte sie wieder und erwarb einen historischen Lehmbau in New Mexico, den sie sanierte und zum kulturellen Treffpunkt des Ortes Taos machte. Ihre neue Leidenschaft ist das Fliegen. Als Mitglied der Civil Air Patrol hilft sie mit, zum Beispiel Waldbrände zu überwachen oder verlorene Wanderer in der Wüste zu finden.
Naturkosmetikmarke Gebhardt

Weniger ist mehr

Wenn Gebhardt von ihrem Leben erzählt, könnte man den Eindruck gewinnen, es handelte sich dabei um mehrere Personen. Ihr Motto "Weniger ist mehr" gilt ausschließlich für ihre Kosmetik.

"Nach meiner Überzeugung braucht eine Hautpflege nur wenige Inhaltsstoffe, die müssen dafür aber von hervorragender Qualität sein. Es geht darum, die Haut in ihrer eigenen Regenerationsfähigkeit zu fördern, die Haut soll selbst aktiv werden", so Gebhardt. Unter hervorragender Qualität versteht Gebhardt Inhaltsstoffe, die biologisch-dynamisch angebaut sind. Schon als Jugendliche hat sie sich für Rudolf Steiners Lehre interessiert und begeistert. Ihre Kosmetikprodukte bestehen zu 93 Prozent aus Rohstoffen biologisch-dynamischen Ursprungs, die restlichen stammen aus biologischem Anbau. 30 Prozent der verwendeten Pflanzen kommen direkt aus dem Heilpflanzengarten des Klosters. Aus ihnen werden spagyrische Essenzen hergestellt, ein aufwändiger, langwieriger Prozess, dessen Wurzeln bis in die vorchristliche Zeit zurückreichen. Die Entscheidung für diese Methode ist Ausdruck der ganzheitlichen Heilpflanzenphilosophie des Unternehmens, bei der die Pflanze mit ihrer irdischen, kristallinen und ätherischen Struktur betrachtet und verwendet wird.

Bei der Produktion nimmt man sich Zeit. Nachdem die Wachse sowie Sheabutter geschmolzen und mit den Ölen vermischt worden sind, kommt der Wasseranteil mit den Kräutern hinzu. Die Masse wird mit vergleichsweise geringen Geschwindigkeiten und Scherkräften in der Prozessanlage gerührt. Inhaltsstoffe werden kontrolliert durch einen Einfüllstutzen durch das Vakuum der Prozessanlage eingesaugt. Anschließend erfolgt die Abfüllung. Haltbar werden die Produkte durch beispielsweise Bienenwachs, Propolis, Magnolienextrakt und ätherische Öle. Im Vergleich zu anderen Kosmetikprodukten haben sie eine kürzere Haltbarkeit, nämlich 18 Monate – quasi eine Frischekosmetik.

Zeit positiv erleben

Der entspannte Umgang mit Zeit zeugt von einem positiven Umgang mit ihr – und mit den Veränderungen, die durch sie auf der Haut sichtbar werden. So heißt die Kosmetikserie für reife Haut "Happy Aging". Sie ist bereits seit 20 Jahren auf dem Markt. Gebhardt erklärt: "Mich hat der Begriff ›Anti-Aging‹ immer gestört. Wenn man gegen etwas ist, ist man nicht im Fluss und kann seine Energien nicht nutzen. Mir ist ein freierer Umgang im Empfinden von Ästhetik wichtig. Ich bin sehr dafür, sich nicht im Namen suggerierter Schönheitsideale missbrauchen zu lassen. Wir brauchen keine Unmengen verschiedener Kosmetikprodukte. Das Geld und die Zeit können wir sparen. Zum Beispiel für andere Schönheiten des Lebens."

››› Gabriele Storm

Wie entstehen spagyrische Essenzen?

Die Pflanzen werden zerkleinert und einer Gärung unterzogen, anschließend wird der Alkohol abdestilliert. Der in der Destille verbleibende Rest wird eingetrocknet und bei hohen Temperaturen verbrannt, bis die Asche weiß ist. Diesen Prozess nennt man Kalzinieren. Die Asche wird im Destillat gelöst. Die Mischung muss wochenlang stehen, bis ein Teil oben schwimmt, ein Teil absinkt und sich in der Mitte das mit den Kristallen gelöste, destillierte Wasser befindet, eine Sole. Das ist die Essenz der Pflanze. Die Sole wird getrocknet, in diesem Prozess beginnt das Salz auszukristallisieren. Es ist ein langwieriger Prozess und ein Teil der Unternehmens-Philosophie, die Pflanzensalze so zu gewinnen, manchmal dauert es ein Jahr und länger. Zum Schluss findet die sogenannte "chymische Hochzeit" statt, wenn also Salz und Destillat zusammengeführt werden. Alternativ wird das Pflanzengut fermentiert und erst dann destilliert. Das ist die spagyrische Essenz.

Stand: 01.01.2018