Heilkräuter nach Hildegard von Bingen: Quendel, Galgant und Betram

Warenkunde: Quendel

Selbst wenn man sich sicher ist, Quendel noch nie gekostet zu haben, dürfte einem sein Aroma beim ersten Probieren doch ziemlich vertraut vorkommen.

Hildegard von Bingen

Man schrieb das Jahr 1098, als Hildegard, vermutlich in Bermersheim bei Alzey, geboren wurde. Als zehntes Kind ihrer Eltern und zu einer Zeit, in der der Kirchenzehnt weit ver­breitet war – eine Opfergabe jeglichen zehnten Teils an das Gotteshaus, damals vor allem in Form von Naturalien. Dieser frommen Tradition folgend wurde Hildegard von Bingen im Alter von acht Jahren an eine Klausnerin übergeben. Von ihr wurde sie im Lesen, Schreiben, Musizieren und vielem mehr unterrichtet. Aus der Klause wurde bereits nach wenigen Jahren ein Benediktinerinnen-Kloster und Hildegard Nonne, später Äbtissin. Zeitlebens fühlte sie sich eng mit der Kirche verbunden und empfing – nach eigenen Angaben – geistliche Signale Gottes. Doch nicht nur diese spirituellen Eingebungen machen sie zur wohl bedeutendsten Frau des Mittelalters, sondern auch ihre naturheilkundlichen Erkenntnisse. Nach­zulesen in einem ihrer Bücher: "Physica – Heilkraft der Natur", von dem das Original verschollen ist und lediglich Abschriften existieren. Anhand dieses umfangreichen Werkes kann man erahnen, welch große gesundheitliche Bedeutung Hildegard von Bingen Lebensmitteln wie Dinkel, Fenchel oder auch Esskastanien zuspricht – und den Kräutern, allen voran Bertram, Galgant, Quendel.

Quendel

Quendel ist der "wilde Bruder" des Thymians, oft Feldthymian (Thymus serpyllum) genannt. In der botanischen Ordnung stehen die beiden eng beieinander und auch optisch kann man ihre Verwandtschaft deutlich erkennen. Nur sind des Quendels Blätter kleiner als die des echten Thymians, oval geformt und haben eine kräftig-grüne Farbe. Und auch in ihrem Spektrum und Gehalt an ätherischen Ölen unterscheiden sich Thymian und Quendel: Letztgenannter hat ein milderes Aroma, etwas herb und doch leicht zitronig duftend. Daher ist Quendel – ob frisch oder getrocknet – ideal, wenn Thymiangeschmack zwar gewünscht ist, aber nicht dominieren soll. Hildegard von Bingen beschrieb Quendel als "warm und gemäßigt", für sie durfte er in keiner Küche fehlen.