Wurzelgemüse: Pastinake, Sellerie, Karotten, Radieschen und Rote Bete

Bio-Vorurteile

Manon Haccius, Bereichsverantwortliche für Qualitätsmanagement bei Alnatura, bezieht Stellung zu häufigen Vorurteilen bezüglich Bio-Lebensmitteln – und liefert fundierte Argumentationshilfen.

Antworten auf häufige Vorurteile zu biologischen Lebensmitteln

"Bio schmeckt nicht."

"Bio – das kontrolliert doch eh keiner."

"Bio ist zu teuer!"

"Bio - das ist doch nur Marketing!"

"Bio enthält genauso viele Schadstoffe."

"Bio-Produkte sind nicht gesünder!"

"Pflanzenschutz: Die Bios spritzen doch auch!"

"Tieren in Bio-Betrieben geht es auch nicht besser."

"Bio ist auch nicht besser fürs Klima."

"Regional ist nachhaltiger als Bio."

"Bio kann die Welt nicht ernähren."

"Bio - das ist doch eh nur Lifestyle"

"Unverpackt ist besser als Bio."

"Bio - das funktioniert doch nur dank Subventionen."

"Wer für Bio ist, darf kein Fleisch essen."

"Bio aus Übersee ist nicht nachhaltig."

"Bio-Produkte kommen auch aus Monokulturen."

"Früher gab's kein Bio, und den Menschen hat es nicht geschadet."

"Wer Bio kauft, ist auch nicht so umweltbewusst."

"Bio-Pflanzen kriegen doch die Schadstoffe vom Nachbarfeld ab."

 

 

"Bio schmeckt nicht."

Geschmack hat viel mit Gewöhnung zu tun und jeder erlebt ihn anders. Darüber lässt sich bekanntlich trefflich streiten. Doch worauf könnte man sich verständigen in einem Gespräch, das nicht nur emotional und mit Pauschalaussagen geführt werden soll? Bio-Produkte sind nicht künstlich aromatisiert, sondern allenfalls mit Extrakten. Insofern schmecken die Bio-Varianten zum Beispiel von Fruchtjoghurts, Süßigkeiten oder manchen Getränken in der Tat weniger intensiv. Eine Zunge, die nicht an künstlich aromatisierte Speisen gewöhnt ist, empfindet einen solchen milden Geschmack oft als echter und ausgewogener. Bei Obst und Gemüse freuen sich dagegen viele Menschen über den als ursprünglicher erlebten Geschmack der Bio-Ware. Ich kenne verschiedene Bio-Skeptiker, die den Geschmack von Bio-Kartoffeln loben. Also: Probieren geht über Studieren!

"Bio – das kontrolliert doch eh keiner."

Fragen Sie sich manchmal, was Sie antworten, wenn jemand behauptet, dass Bio sowieso nicht kontrolliert werde? Sie können diese Behauptung freundlich, aber entschieden zurückweisen. Denn die Bio-Akteure der gesamten Wertschöpfungskette – auch international – werden mindestens einmal im Jahr durch Fachleute umfassend kontrolliert. Dies geschieht auf Basis der EG-Öko-Verordnung. Betriebsgebäude und -flächen werden vor Ort geprüft, ebenso die Unterlagen und Daten eines Unternehmens. Kein anderer Bereich der Land- und Lebensmittelwirtschaft untersteht einem so dichten und detaillierten Kontrollsystem. Es wird nicht nach dem Zufallsprinzip vorgegangen, sondern regelmäßig alles überprüft. Risikobezogen intensivieren die vom Staat zugelassenen und überwachten Kontrollstellen Frequenz und Maßnahmen, bei heimischer Produktion ebenso wie bei Importen. Zu den prozessorientierten Überprüfungen treten Laboranalysen hinzu. Die Bio-Branche verzichtet bewusst auf den Einsatz von potenziell riskanten Technologien in Anbau und Produktion. Transparenz und Rückverfolgbarkeit werden dagegen großgeschrieben. Fehler oder Verstöße, die in jedem System möglich sind, können somit rasch entdeckt und abgestellt werden.

 

"Bio ist zu teuer!"

Ja, der Preis, den man für Bio-Lebensmittel zahlt, ist häufig höher als der für konventionell erzeugte Produkte. Denn Bio macht dem Bauern mehr Arbeit, weil er dem Unkraut mechanisch zu Leibe rücken muss, er kann nicht mit der Spritze arbeiten. Bei vielen Kulturen erntet er weniger von seinen Flächen. Denn er verzichtet auf die treibenden mineralischen Stickstoffdünger, die zwar Massenerträge ermöglichen, aber dies häufig zulasten von Produktgeschmack, Pflanzengesundheit, Biodiversität und Grundwasserqualität. Oft sind bei Bio Verarbeitung und Handel kleiner strukturiert als im konventionellen Bereich. Skaleneffekte der Kosteneffizienz lassen sich da in geringerem Maß realisieren. Aber der Bio-Bauer geht mit den Gemeingütern Boden, Wasser, Luft und Artenvielfalt sorgsamer um als viele konventionelle Kollegen. Er belastet die planetaren Stoffströme, zum Beispiel von Stickstoff und Phosphat (vgl. Rockström et al., 2009), erheblich weniger. Die Preise für Bio-Lebensmittel sagen ökologisch weit eher die Wahrheit als die Preise, die wir alle üblicherweise für unsere Nahrung zahlen – ohne die Umweltkosten zu kennen oder überhaupt zu bedenken.

 

"Bio - das ist doch nur Marketing!"

Bio steht für eine grundsätzlich andere landwirtschaftliche Erzeugung als die konventionelle Produktion. Bio setzt keine chemisch-synthetischen Pestizide ein gegen unerwünschte Pflanzen, Insekten oder Mikroorganismen und verwendet keine schnelllöslichen, treibenden Dünger, insbesondere keine mineralischen Stickstoffdünger. Stattdessen arbeiten Bio-Bauern mit vielfältigen, weitgestellten Fruchtfolgen, in die Leguminosen – also Klee, Luzerne, Erbsen, Linsen, Bohnen und andere – integriert sind. Sie bearbeiten den Boden sorgfältig und nutzen wirtschaftseigene Düngemittel. Das Unerwünschte in ihrer Landwirtschaft bekämpfen sie nicht mit naturfremden Substanzen, sondern drängen es dadurch zurück, dass sie Erwünschtes unterstützen. Bio ist hinsichtlich Produktionsmethoden und Betriebsmitteln detailliert gesetzlich geregelt. Gleiches gilt für Dokumentations- und strenge Kontrollpflichten. Bio-Bauern fördern die Bodenfruchtbarkeit und Artenvielfalt, sie schützen das Grundwasser und verringern den Ausstoß klimaschädlicher Gase aus der Landwirtschaft. Bio ist mehr als Marketing!

 

"Bio enthält genauso viele Schadstoffe."

Fragen Sie sich manchmal, was Sie antworten, wenn es heißt: Bio, das enthält doch genauso viele Schadstoffe wie konventionelle Lebensmittel? Verweisen Sie auf das Ökomonitoring des Chemischen und Veterinäruntersuchungsamtes in Stuttgart (oekomonitoring.cvuas.de). Seit 2002 legt das personell und technisch bestens aus­gestattete Amt jährlich einen umfangreichen Untersuchungsbericht über konventionelle und Bio-Lebensmittel zu Rückständen und Schadstoffen vor, der auf breiter Basis die Unterschiede zwischen Bio- und konventionellen Produkten aufzeigt. Natürlich findet Bio-Anbau nicht unter einer Käseglocke statt, es kann zum Spureneintrag von Nachbarn kommen. Doch sind die Unterschiede ­deutlich: Die über alle Proben gemittelten Befunde lagen bei konventionellem Obst 175-mal und bei konventionellem Gemüse 245-mal höher als bei Bio. Bio enthält nach­weislich wesentlich weniger unerwünschte Stoffe – und umgekehrt mehr erwünschte Stoffe (vgl. hierzu M. Baranski et al. 2014, British Journal of Nutrition 112:5:794-811 – eine Meta-Analyse von 343 wissenschaftlichen Studien).

 

"Bio-Produkte sind nicht gesünder!"

Unbestritten werden im Bio-Landbau weniger naturfremde Stoffe eingesetzt; seine Umweltauswirkungen sind deutlich weniger schädlich. Insofern könnte man das System der Bio-Agrarkultur als gesünder beschreiben. Und was ist mit der Gesundheit derer, die Bio-Produkte essen? Das kommt auf Ihr Verständnis von »Gesundheit« an. Ein modernes Konzept bezieht sich auf die physiologische Reaktions- und Anpassungsfähigkeit des Organismus. Dazu gibt es spannende erste Untersuchungen mit Tieren, bei denen psychologische Faktoren der Ernährung wohl keine Rolle spielen. Hühner, die mit Bio-Futter gefüttert wurden, zeigten nach immunologischer »Challenge« eine schnellere Rückkehr zum Normalstatus als ihre konventionell ge­fütterten Kollegen. Es gibt Anzeichen, dass sich diese Tendenz in der nächsten Generation verstärkt. Interessante erste Versuche gab es dazu in den 1970er-Jahren mit Mäusen (Tierärztliche Hochschule Hannover) und 1986 mit Kaninchen (Dorothea Staiger, Bonn, 1986; später auch FiBL, Wien, 2014) sowie insbesondere 2014 von Machteld Huber mit Geflügel (nvag.nl/afbeeldingen/2014/Thesis Machteld Huber.pdf).

 

"Pflanzenschutz: Die Bios spritzen doch auch!"

Stehen Sie auch manchmal vor der Frage, was Sie auf die Vorhaltung antworten, dass Bio-Bauern doch auch spritzten? Am besten fragen Sie als erstes, um welche Art Spritzungen es nach Meinung Ihres Gegenübers geht? Synthetisierte organochemische Substanzen? Nein, solche darf kein Bio-Bauer anwenden, auf der ganzen Erde nicht. Gesteinsmehle, Brennnesselbrühe, Schmierseifenlauge oder biodynamische Präparate dagegen? Die darf der Bio-Bauer auch in flüssiger Form ausbringen, also spritzen. Damit stärkt er seine Pflanzenbestände beziehungsweise macht Schädlingen wie Blattläusen das Leben schwer. Obst-, Wein- und Kartoffelbauern, die biologisch produzieren, dürfen seit Jahrzehnten erprobte, ebenfalls in flüssiger Form ausgebrachte Präparate mit Geringkupfermengen oder mit etwas Schwefel ausbringen – in sehr geringen Mengen. Sorgsam dokumentiert und streng überwacht ist das zulässig. Ja, sehr selten spritzen auch die Bios, aber keine chemisch-synthetisierten Stoffe.

 

"Tieren in Bio-Betrieben geht es auch nicht besser."

Die Herden auf Bio-Bauernhöfen sind kleiner als die von vergleichbaren konventionellen Höfen. Bio-Tiere haben Auslauf im Freien, in den Stallungen sind Mindestflächen vorgeschrieben. Bio-Tiere bekommen Bio-Futter. Sie werden nicht mit Antibiotika oder Leistungsförderern traktiert, sondern bei Krankheit möglichst mit Homöopathika, Phytotherapeutika oder sonstigen komplementärmedizinischen Präparaten behandelt. Bio-Tierbestände werden mindestens jährlich von unabhängigen Fachleuten kontrolliert. Insofern haben es Bio-Tiere sicher besser.
Immer stellt sich aber die Frage, wie der Mensch konkret mit seinen Tieren umgeht. Empfindet er sie als Mitgeschöpfe, nimmt er sie aufmerksam wahr und erfüllt ihre Bedürfnisse bestmöglich? Oder sind die Tiere für ihn Produktionsmittel, mittels derer er sein Einkommen erzielt und deren Versorgung schnell, effizient und möglichst weitgehend durch Maschinen erledigt wird?
Hier ist die Bandbreite groß und die Trennlinie zwischen Gut und Böse verläuft vermutlich nicht immer genau entlang der Grenze zwischen Bio und Nicht-Bio.

 

"Bio ist auch nicht besser fürs Klima."

Weil der Bio-Landbau keine synthetisierten Stickstoffdünger einsetzt, ist seine CO2- und Energiebilanz erheblich besser als die der agroindustriellen Produktion. Bio-Flächen sind CO2-Senken, das heißt, sie binden CO2, statt dieses klimaschädliche Gas in die Atmosphäre zu entlassen. Bio-Wiederkäuer fressen Gras, Heu oder Silage und bekommen, wenn überhaupt, nur wenig Getreide, was für die Klimabilanz der Flächenbewirtschaftung besser ist. Bei Bio gibt es keine Massentierhaltung, sondern flächengebundene Tierhaltung. Es gibt also keine großen Tierzahlen auf kleiner Fläche, die zu hohem Anfall an tierischen Ausscheidungen und damit hoher Klimalast führen würden. Die Flächenproduktivität von Bio ist im Getreide- oder Kartoffelanbau zwar geringer, aber weil mit weniger naturfremden, energieaufwendig hergestellten Inputs produziert wird, stehen auch hier Punkte auf der Habenseite von Bio. Also doch: Bio ist besser fürs Klima (boelw.de/themen/bio-argumente/biofrage-22/).

 

"Regional ist nachhaltiger als Bio."

Was antworten Sie, wenn es heißt: Regional ist doch viel nachhaltiger als bio? Sagen Sie ruhig Ja und bitten Ihr Gegenüber, zu definieren, was er oder sie unter regional versteht. Dann überlegen Sie gemeinsam, wie viele Bauern in dem benannten Umkreis wohl ackern und was sie anbauen, und fragen Sie dann, ob Ihrem Gegenüber das als Ernährungsgrundlage rund ums Jahr ausreicht: keinen Schwarz- oder Grüntee, keinen Kaffee und Kakao, keine Schokolade, keine Bananen, Orangen, Zitronen und kaum Äpfel, keine Saaten wie Sesam, keine tropischen Nüsse, auch heimische so gut wie gar nicht. Stattdessen Getreide (bei Hafer wird es schon schwierig), Kartoffeln, Möhren, Zwiebeln, Lauch, Kohl, vielleicht etwas Zucker, mit viel Glück in der entsprechenden Saison Feingemüse und ein bisschen Obst. Das war’s. Wer so nicht 365 Tage im Jahr essen mag, wird auch Lebensmittel nichtregionaler Herkunft verzehren. Da spielt die Art und Weise der landwirtschaftlichen Erzeugung – also ob bio oder konventionell – eine ebenso große Rolle wie die Frage, ob die Waren CO2-effizient aus den Erzeuger- zu den Verbraucherregionen transportiert werden. Schiff, Bahn und Lkws zeigen je Mengeneinheit Produkt oft die bessere CO2-Bilanz als der Verbraucher, der mit dem älteren Privat-Pkw direkt beim Bauern einkauft. Die Welt ist nicht schwarz-weiß. Man muss hingucken, sich kundig machen und sich entscheiden – und dann ehrlich kommunizieren.

 

"Bio kann die Welt nicht ernähren."

Etwa ein Neuntel der Erdbevölkerung hungert. Die Menschen im wohlhabenden Norden und Westen der Erde verschwenden Lebensmittel. Viele Menschen hier essen zu viel, wir verfüttern einen großen Anteil der Weltge­treideernte oder verfeuern ihn zur Energiegewinnung. Schließlich werfen wir rund ein Drittel unserer Lebens­mittel weg, weil wir keine sparsame Haushaltsführung mehr pflegen. In den ärmeren Ländern des Globalen Südens verdirbt ein Drittel der geernteten Lebensmittel, weil die Technik von Transport und Lager nicht gut genug ist. All das sind lösbare Probleme. Wir haben enorme Reserven an Lebensmitteln. Wir erzeugen sie schon, aber nutzen sie nicht zur Ernährung der Menschen. Wir könnten weit mehr Menschen ernähren. Dafür brauchen wir keine Gentechnik und auch nicht mehr chemische Dünger oder Pflanzenschutzmittel, die sich die armen Bauern des Globalen Südens ohnehin nicht leisten können. Wir brauchen eine vielfältige Landwirtschaft, die Fruchtfolgen beachtet, organische Rückstände als Dünger nutzt, mehr Pflanzliches und etwas weniger Tierisches erzeugt. Das kann Bio. Dann würde es für alle reichen.

 

"Bio - das ist doch eh nur Lifestyle"

Ja, natürlich! Was denn sonst? Lebensstil (Lifestyle) bedeutet die "Art, wie ein Mensch sein Leben gestaltet" oder "Art und Weise der Lebensführung" (Wikipedia). Dazu gehört, wo und wie ein Mensch wohnt, wie er sich kleidet, welche Verkehrsmittel er nutzt, welche Bücher, Filme, Musik er bevorzugt und natürlich: was er isst. Durch alle Aspekte seiner Lebensführung drückt der Mensch eine mehr oder weniger bewusste Haltung, ein Wertesystem und seinen Geschmack aus. Die bloße Tatsache, dass ein Mensch einen Lebensstil hat, kann man ihm wohl nicht zum Vorwurf machen. Allenfalls kann man einen bestimmten "Lifestyle" ablehnen. Zum Beispiel einen Lebensstil, zu dem Nachhaltigkeit und Ökoprodukte gehören. Dann sollte Ihr Gesprächspartner dafür Argumente vorbringen, über die Sie mit ihm sprechen können.

 

"Unverpackt ist besser als Bio."

Bei Obst und Gemüse ist Verzicht auf Packmaterial zu begrüßen. Das gilt für die Produkte, wie sie im Handel dargeboten werden, und in besonderem Maße dafür, wie der Kunde das Obst und Gemüse mit nach Hause nimmt. Nutzt er für seine Ware eine Plastik- oder Papiereinwegtüte, die der Händler anbietet? Dann ist die Verpackungsbilanz ruiniert und das Ergebnis ist eher noch schlechter, als wenn der Händler das Produkt gleich vorverpackt anböte. Verzichtet der Kunde ganz auf eine Serviceverpackung beziehungsweise nutzt ein Mehrwegnetz, wie er es zum Beispiel bei Alnatura erwerben kann? Dann sind dem Produktschutz, der Praktikabilität und der Umwelt zugleich Genüge getan. Wer im "normalen" Supermarkt Bio-Obst und -Gemüse kauft, wird wegen möglicher Verwechslungen in der Regel nicht um verpackte Produkte herumkommen. Das geht nur im reinen Bio-Supermarkt. Also: Entscheidung für die Einkaufsstätte, Entscheidung für Mehrwegnetze und Entscheidung für Bio, um so Verpackungsmüll zu sparen – dann gibt es keinen Zielkonflikt.

 

"Bio - das funktioniert doch nur dank Subventionen."

Die Gemeinsame Agrarpolitik ist der einzige voll harmonisierte Bereich der EU. Sämtliche Zahlungen laufen über die EU. Daher ist dieser Ausgabenbereich der größte der Union. 6,3 Milliarden Euro stehen Deutschland für die Jahre von 2014 bis 2020 an EU-Agrarförderung zu, 0,9 Milliarden pro Jahr – für die gesamte Landwirtschaft, nicht nur für Bio. 1,3 Milliarden kann Deutschland zur Förderung nachhaltiger und umweltschonender Formen der Landwirtschaft ausgeben, zu denen der Bio-Landbau zählt. Kofinanziert von Bund und Ländern erhalten Flächeneigner, also nur zum Teil die Bio-Bauern, Flächenprämien für die Umstellung auf Bio-Landbau und etwas geringere Beträge zur Beibehaltung dieser Bewirtschaftungsform (um die 200 Euro pro Jahr für Acker- und Grünland). Der etwa viermal so große übrige "Fördertopf" steht als Flächenförderung allen Landwirten zur Verfügung, knapp ein Drittel davon ist für umwelt- und klimaschützende Maßnahmen vorgesehen (für mehr Infos siehe oekolandbau.de/erzeuger/oekonomie/betriebswirtschaft/foerderung).

40 Prozent ihres Betriebseinkommens beziehen sämtliche Bauern, nicht nur Bio-Bauern, aus öffentlichen Fördergeldern (siehe zum Beispiel bauernverband.de/praemienschaetzer). Warum? Weil die Landwirtschaft Gemeingüter wie Boden, Wasser, Luft und Artenvielfalt "produziert" – neben den Lebensmitteln. Das tun Bio-Bauern deutlich konsequenter als ihre konventionellen Kollegen.

 

"Wer für Bio ist, darf kein Fleisch essen."

Was antworten Sie, wenn Ihnen das Argument begegnet: Wer für Bio ist, der darf kein Fleisch essen? Sie staunen und fragen, warum. Denn landwirtschaftliche Tiere verzehren Futter von Flächen und Ernterückstände, die für die menschliche Ernährung nicht taugen. Ihre Ausscheidungen sind wertvoller Dünger, ohne den es schwieriger wird, die Bodenfruchtbarkeit langfristig zu erhalten. Tiere schließen also den Nährstoffkreislauf eines landwirtschaftlichen Betriebes. In der Bio-Landwirtschaft sind die Viehdichten je Flächeneinheit deutlich geringer als im konventionellen Durchschnitt, sodass Überweidung oder Überdüngung nicht passieren. Das ist zudem besser für die Klimabilanz. Die Tierbestände auf Bio-Betrieben sind außerdem meist kleiner als die von konventionellen Vergleichsbetrieben. Auf dem Bio-Hof steht den Tieren – gesetzlich geregelt – mehr Fläche im Stall und draußen zur Verfügung, sie werden wesensgemäßer gehalten. Und schließlich tragen tierische Lebensmittel – mit Maßen genossen – zu einer harmonischen und ausgewogenen Ernährung bei. Dass Bio-Fleisch teuer ist, spiegelt die Wertschätzung, die diesem Produkt gebührt.

 

"Bio aus Übersee ist nicht nachhaltig."

Bio aus Übersee legt weite Wege zurück, das ist richtig. Wenn die dort erzeugten Produkte die Reise nach Europa mit dem Schiff zurücklegen, was für agrarische Massenprodukte meist der Fall ist, haben solche Transporte eine durchaus akzeptable CO2-Bilanz. Diese Transportform ist sehr effizient, ebenso die Reise im voll ausgelasteten Lkw oder sogar per Flussschiff oder Eisenbahn vom Hafen zum Verarbeitungsort in Europa. Flugware aus Übersee dagegen ist kritisch zu betrachten. Bio aus Übersee erlaubt es, frisches Obst und Gemüse außerhalb der hiesigen Saison anzubieten, ohne dass aufwendiges Einlagern nötig ist. Beispielsweise spart man sich für Äpfel aus Neuseeland, Südafrika oder Chile, die in unserer Winterzeit hier verkauft werden, die Lagerung unter CO2-kontrollierter, feuchteregulierter und gekühlter Atmosphäre (sogenannte CA-Lager), die viel Energie verschlingt. Bio ermöglicht Landwirten aus Übersee attraktive Vermarktungschancen, denn die großen und wachsenden Märkte für Bio-Lebensmittel liegen in den USA, in Deutschland und Frankreich. Bio-Projekte in Übersee stellen oft eine sehr umweltverträgliche "Entwicklungshilfe" dar, wie sie auch das deutsche Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung nutzt.

 

"Bio-Produkte kommen auch aus Monokulturen."

Was antworten Sie auf den Vorwurf, dass Bio-Produkte auch aus Monokulturen stammten? Als Erstes klären Sie, was Ihr Gegenüber mit Monokultur meint. Ewigen Maisanbau auf derselben Fläche? Nein, das gibt es im Bio-Anbau nicht. Dort werden die jährlich anzubauenden Ackerkulturen – zu denen zählt das Getreide Mais – stets in einer Fruchtwechselwirtschaft angebaut. Oder spricht Ihr Gegenüber von Dauerkulturen wie Weinreben, Obstbäumen, Tee, Kaffee oder Kakao zum Beispiel? Solche über mehrere Jahre oder Jahrzehnte auf ein und derselben Fläche wachsenden Pflanzen kann man als Plantagen- oder Dauerkulturen ansprechen. Hier steht in der Tat nur eine Kulturpflanzenart auf einer Fläche und dies für viele Jahre. Der Unterschied zur konventionellen Landwirtschaft zeigt sich in der Bodenbearbeitung und Düngung  sowie der Begrünung zwischen den Kulturpflanzen. Der Bio-Landbau sorgt dafür, dass der Boden in Dauerkulturanlagen nicht blank der Sonne, dem Regen oder dem Wind ausgesetzt ist. Er lässt gezielt Klee, blühende Mischungen oder Gras dort wachsen. Wenn Wasser knapp ist, wird der Unterwuchs gemulcht. Keinesfalls wird er mit Totalherbiziden "weggespritzt". Es gibt große Unterschiede zwischen Bio- und konventionellen Dauerkulturen.

 

"Früher gab's kein Bio, und den Menschen hat es nicht geschadet."

Bis zum Ersten Weltkrieg war praktisch alles bio, was in der Landwirtschaft passierte. Erst seit der Zeit ist die großtechnische Stickstoffdüngersynthese möglich und damit mengenmäßige Erträge, die vorher unvorstellbar waren. Bereits Mitte der 1920er-Jahre fanden sich Fachleute in den Bereichen Landwirtschaft, Medizin und Naturwissenschaften zusammen, die sich wegen nachlassender Produkt- und Saatgutqualität sowie Fruchtbarkeit der Nutztiere im Gefolge der Mineraldüngung Sorgen machten. Sie begründeten den Bio-Landbau, der dann sehr langsam wuchs. Noch in den 1970er-Jahren gab es in Deutschland keine 500 Bio-Höfe. Allmählich wurden die negativen Auswirkungen der chemisch-technisch optimierten Landwirtschaft unübersehbar. Junge Menschen forderten Alternativen, verlangten den Schutz der Umwelt und einen deutlich bedachteren Umgang mit der Agrochemie. Unseren Großeltern hat das Aufwachsen mit einer klassischen, mit wenig Agrochemie betriebenen Landwirtschaft gewiss nicht geschadet. Wie das für unsere Eltern, uns selbst, die Generation der Kinder und Enkel ist oder sein wird? Die Erde nicht zu zerstören und sich für eine Landwirtschaft in besserem Einklang mit der Natur einzusetzen, das kann so verkehrt nicht sein.

 

"Wer Bio kauft, ist auch nicht so umweltbewusst."

Was antworten Sie, wenn man Ihnen sagt: Bio-Kundinnen und -Kunden sind doch gar nicht besonders umweltbewusst? Ich würde antworten, dass dies allenfalls eine Kritik am Verhalten von einigen Menschen ist, die Bio kaufen, aber kein Argument gegen die Bio-Landwirtschaft. Meines Erachtens ist es für die Frage, ob Bio-Landwirtschaft gut für Boden, Wasser, Luft und Artenvielfalt ist und ich mein eigenes Ernährungsverhalten nach dieser Erkenntnis ausrichte, völlig unerheblich, ob es auch Bio-Kaufende gibt, die SUVs fahren und nicht jeden Weg mit dem Fahrrad oder dem Zug erledigen. Eine Alles-oder-nichts-Haltung ist eine sichere Entwicklungsbremse, egal um welches Thema es geht. Ich halte es da mit der uralten chinesischen Weisheit, dass auch der längste Weg mit einem Schritt beginnt. Weitergehen, das führt in die richtige Richtung und allmählich zum Ziel, nicht das Suchen von Gegenargumenten.

 

"Bio-Pflanzen kriegen doch die Schadstoffe vom Nachbarfeld ab."

Ist Abdrift – also das Verwehen von Pflanzenbehandlungsmitteln aus der Anwendung eines konventionellen Nachbarn auf ein Bio-Feld – ein Vorurteil? Nein, das kann gelegentlich einmal vorkommen, zum Beispiel, wenn der konventionelle Hof bei windigem Wetter spritzt. Ist Abdrift ein Argument gegen den Bio-Anbau? Bei Abdrift gelangen die unerwünschten Stoffe selten auf das ganze Feld, sondern meist auf den Randbereich. Weil es sich nicht um direkte Anwendung handelt, sind die auf der Nicht-Zielkultur ankommenden Mengen niedriger als bei den Zielkulturen. Folglich sind die analytisch nachweisbaren Spuren in der Regel deutlich niedriger. Bio-Landbau findet aber nicht unter einer Glasglocke statt, sondern im echten Leben. Etwaige Schäden regeln Versicherungen oder klären Gerichte. Die Folgen einer fachlich korrekten Arbeit seines konventionellen Nachbarn sind dem Bio-Hof nicht anzulasten; einen Schaden gleicht die Versicherung des konventionellen Hofs aus. Sollte der konventionelle Nachbar nicht fachgerecht gearbeitet haben, muss er dem Bio-Hof einen nachgewiesenen Schaden selbst ersetzen. Abdrift ist kein Argument gegen Bio.